Eine Chance für lebensnahe Sozialisation:
Das Praktikum in Sozialwesen

Allgemeine Zielsetzungen

Das Praktikum im Fach Sozialwesen ist eine Form der direkten Begegnung mit der Arbeitswirklichkeit einer sozialen Einrichtung. Es stellt eine Ergänzung zur Theorie dar, die durch den Unterricht vermittelt wird. Soziale Werte wie Betroffenheit, Verständnis, Einfühlungsvermögen, Toleranz und Hilfsbereitschaft können dabei geweckt werden.

„Im Rahmen eines verpflichtenden Praktikums (in der Regel von einwöchiger Dauer) in den Jahrgangsstufen 8 und 9 lernen die Schülerinnen und Schüler die Arbeitswelt und ihr Sozialgefüge unmittelbar kennen. Gleichzeitig erleben sie in der direkten Begegnung mit Menschen, die in einem sozialen Beruf arbeiten, welchen Wert soziale Arbeit hat, wie viel Engagement und Idealismus zu einer solchen Tätigkeit gehören, und auch, wie viel Freude es macht, Menschen zu helfen, sie zu betreuen oder zu beraten. Dabei wächst die Bereitschaft, sich ehrenamtlich in der Freizeit für soziale Dienste zur Verfügung zu stellen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten bei diesen Praktika nicht nur Einblick in soziale Einrichtungen, sondern auch Gelegenheit, ihre sozialen Kompetenzen, z. B. die Kommunikationsfähigkeit, zu stärken.“

Außerdem leistet das Sozialwesen-Praktikum einen wesentlichen Beitrag zur fächerübergreifenden Unterrichts- und Erziehungsaufgabe „Berufliche Orientierung“:

„Auch die unmittelbare Begegnung mit der Arbeits- und Berufswelt gibt den Schülerinnen und Schülern Hilfe und Orientierung beim Berufswahlprozess. Besondere Bedeutung kommt dabei Praxisbegegnungen im Rahmen des Unterrichts verschiedener Fächer und dem Berufspraktikum zu.“

Die Schülerinnen und Schüler sollen

– Menschen und ihre Situation in sozialen Ausnahmesituationen und Notlagen kennen lernen (z. B. alte, kranke, behinderte Menschen),
– Verständnis für ihre situationsbedingten Verhaltensweisen entwickeln,
– Soziale Arbeit und soziales Engagement bei anderen erleben und persönliche Einsatzbereitschaft aufbauen,
– eine Hilfe bei ihrer beruflichen Orientierung erfahren,
– die individuellen Anforderungen und die gesellschaftliche Bedeutung sozialer Berufe erkennen,
– die sozialen Strukturen der Berufswelt erleben,
– die Zusammenarbeit im Team und die Fähigkeit zur Konfliktbewältigung erlernen.

Natürlich führen die Praktika nicht dazu, dass alle Schülerinnen und Schüler auch einen sozialen Beruf ergreifen. Aber es ist bereits ein großer Erfolg, wenn sie dadurch zu ehrenamtlichen Aktivitäten angeregt werden, sich in der Freizeit um alte oder kranke Menschen kümmern oder in Vereinen, Wohlfahrtsverbänden oder Aktionsgruppen mitarbeiten.

Quelle: Sozialwesen im Fokus: Aufgaben, Grundbegriffe, Praktikum, Hrsg. Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, München Juli 2008, S. 85