Sie schreibt:

Vielen Dank, dass ich einen kleinen Artikel für eure Zeitschrift über meine Schulzeit in der FOS der Pfennigparade schreiben darf. Ich sitze gerade in meinem Büro und nutze ein bisschen Leerlauf (nette Assistenten tüten gerade unsere Rundschreiben ein), um den Artikel zu verfassen. Eigentlich war ich Schülerin des Dante-Gymnasiums, hatte dort aber ab der 8. Klasse aufgrund meiner Behinderung den Gastschülerstatus, d.h. ich wurde nicht mehr benotet. Durchgezogen habe ich das Gymnasium bis zum Ende der 13. Klasse, allerdings aufgrund meines Status ohne Mittlere Reife oder Abitur. Zunächst hatte ich überhaupt keine Lust mehr auf Schule und habe mich bei der evangelischen Jugend und beim Telefonnotruf für Suchtgefährdete ehrenamtlich betätigt. Das war zwar alles ganz spannend, aber auf Dauer nicht unbedingt befriedigend. Als ich Frau Dr. Vieregg kennen lernte, hatte ich immer noch keine große Lust auf Schule, aber sie hat mich mit einem großen Optimismus und ihrer herzlichen Art so angesteckt und mir so eine Lust gemacht, meine Schulabschlüsse nachzuholen. Durch ihre unbürokratische und flexible Vorgehensweise ermöglichte sie mir, innerhalb eines Vierteljahres (Frühling – Sommer ´85) meine Mittlere Reife nachzuholen. Gott sei dank habe ich alle Prüfungen beim 1. Mal bestanden und so kam es, dass ich die FOS in der Pfennigparade von 1985 – 1987 absolvierte. Als sehr angenehm empfand ich die kleinen Klassen und die große Rücksichtnahme der Lehrer auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen behinderten Schüler. Ganz klasse fand ich auch, dass die FOS auch nichtbehinderte Schüler aufgenommen hat, so habe ich zum einen eine meiner besten Freunde kennen gelernt und zum anderen wurde dem Gedanken der Integration damit Rechnung getragen. Im Gegensatz zum Dante Gymnasium empfand ich es auf der FOS als sehr erleichternd, Assistenz für die Dinge die man selber nicht machen kann, zur Verfügung zu haben. Damit umzugehen musste ich jedoch erst lernen. 1987 machte ich dann mein Fachabitur und anschließend fing ich an der Fachhochschule München mit meinem Sozialpädagogik an. Dieses beendete ich 1992 erfolgreich. Allerdings bekam ich aufgrund meiner Behinderung zunächst nur Absagen auf meine Bewerbungen, sodass ich zunächst aus lauter Frust mit einem 2. Studium (Magisterstudium in den Fächern Pädagogik, Psychologie und Politik) an der LMU begann. 1995 machte ich meine Zwischenprüfung und habe das Studium für ein Jahr unterbrochen, da ich eine befristete Stelle als Sozialpädagogin in der Vereinigung Integrationsförderung bekam. 1996 habe ich das Studium wieder aufgenommen und im Jahr 2000 erfolgreich beendet. Seit September 2000 leite ich das Netzwerkbüro des Netzwerkes von und für Frauen und Mädchen mit Behinderung in Bayern. Ich arbeite zwar sehr viel, achte aber auch darauf, dass ich meine körperlichen Grenzen nicht zu sehr strapaziere und sorge auch für ausreichend Ausgleich zu meinem doch anstrengenden Beruf. So nehme ich viele kulturelle Angebote wie Kino, Konzerte etc. wahr oder gehe auch gerne mit Freunden gut essen. Ich denke sehr gerne an die Zeit in der FOS zurück, war es doch eine relativ unbeschwerte Schulzeit. Sicherlich haben die Erfahrungen, die ich dort gemacht habe auch dazu beigetragen, dass ich jetzt in meinem Beruf meine „Frau“ stehen kann.

Liebe Grüße, Ute Strittmatter